Lyrik für entspannte Sommertage
Endlich Sommer! Jetzt ist Zeit für lange Nächte am Lagerfeuer und Urlaub am Meer. Im Sommer ist meistens alles ein bisschen leichter, weil wir uns nicht unter unzähligen Schichten Kleidung durch den Tag schleppen müssen. In dieser Gedichtsammlung finden Sie Texte, die die Leichtigkeit des Sommers aufgreifen und uns jede Sekunde genießen lassen. Nicht vergessen, auch im Sommer ist Zeit für träge Tage. Vor allem wenn es besonders heiß ist, sollten wir uns nicht überanstrengen.
Auf der Lichtung
Christian Wagner
Sommermittag auf dem Hochwald brütet,
Aber auf der Lichtung, treu behütet,
Vom Geflechte dunkler Brombeerranken,
Wachen auf des Waldes Lichtgedanken.
Falter sind es, die so farbenprächtig
Auf der Lichtung, sonnig halb und nächtig,
Diese Brombeerblüten still umbeben,
Purpurdisteln geistergleich umschweben.
Sagt mir an, ihr stillen Geisterfalter
Auf der Lichtung: Wie viel Zeitenalter
Ihr im Banne laget bei den Toten,
Eh ihr wurdet solche Wunderboten?
Ein grünes Blatt
Theodor Storm
Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,
ich nahm es so im Wandern mit,
auf daß es einst mir möge sagen,
wie laut die Nachtigall geschlagen,
wie grün der Wald, den ich durchschritt.
Hochsommer
Hermann Lingg
O Frühling, holder fahrender Schüler,
Wo zogst du hin? Die Linden blühn,
Die Nächte werden stiller, schwüler,
Und dichter schwillt das dunkle Grün.
Doch ach! die schönen Stunden fehlen,
Wo jedes Leben überquoll,
Wo trunken alle Schöpfungsseelen
Ins Blaue schwärmten wollustvoll.
Nicht singt mehr, wie am Maienfeste,
Die Nachtigall, die Rosenbraut;
Sie fliegt zum tiefverborgnen Neste
Mit mütterlich besorgtem Laut.
Der goldne längste Tag ist nieder,
Der Himmel voll Gewitter glüht;
Verklungen sind die ersten Lieder,
Die schönsten Blumen sind verblüht.
Sommermorgen
Hoffmann von Fallersleben
O Sommermorgen, wie bist du so schön,
So schön im Thal und auf den Höhn!
Wenn's Morgenroth aus Osten strahlt
Und golden den Saum der Wolken malt,
Und mit immer glänzend rötherer Glut
Auf den Wipfeln der dunkelen Wälder ruht;
Wenn Halm' und Blumen in Flur und Au
Frisch duften im kühlen Morgenthau;
Wenn durch des Waldes Stille der Quell
Vorüber rieselt silberhell;
Wenn durch die Blätter säuselt der Wind
Und im Felde die Lerch' ihr Lied beginnt:
Dann muß das Herz in Andacht beben
Und auch gen Himmel sein Lied erheben.
Sommertraum
Lisa Baumfeld
Golddurchflammte Ätherwogen,
Schwerer Äste grüne Bogen,
Süß verwob'ne Träumerei'n…
Sommer, deine warmen Farben,
Helle Blumen, gold'ne Garben
Leuchten mir ins Herz hinein…
In dem Wald, dem dämm'rig düstern,
Hörst du's rauschen, lispeln, flüstern,
Elfenmärchen – Duft und Schaum…?
Blumenkinder nicken leise,
Lauschen fromm der alten Weise
Von des Waldes Sommertraum…
Und der See, der windumfächelt
Lallend plätschert, sonnig lächelt,
Netzt das Schilf aus lauem Born…
Rosen blühen am Gelände,
Rosenglut, wo ich mich wende,
Und im Herzen tief ein Dorn…
Ich bin der Juli
Paula Dehmel
Grüß Gott! Erlaubt mir, dass ich sitze.
Ich bin der Juli, spürt ihr die Hitze?
Kaum weiß ich, was ich noch schaffen soll,
die Ähren sind zum Bersten voll;
reif sind die Beeren, die blauen und roten,
saftig sind Rüben und Bohnen und Schoten.
So habe ich ziemlich wenig zu tun,
darf nun ein bisschen im Schatten ruhn.
Duftender Lindenbaum,
rausche den Sommertraum!
Seht ihr die Wolke? Fühlt ihr die Schwüle?
Bald bringt Gewitter Regen und Kühle.
Klarer Tag
Richard Dehmel
Der Himmel leuchtet aus dem Meer;
ich geh und leuchte still wie er.
Und viele Menschen gehn wie ich,
sie leuchten alle still für sich.
Zuweilen scheint nur Licht zu gehn
und durch die Stille hinzuwehn.
Ein Lüftchen haucht den Strand entlang:
o wundervoller Müßiggang.
Zum Geburtstag
Wilhelm Busch
Der Juni kam. Lind weht die Luft.
Geschoren ist der Rasen.
Ein wonnevoller Rosenduft
Dringt tief in alle Nasen.
Manch angenehmes Vögelein
Sitzt flötend auf den Bäumen,
Indes die Jungen, zart und klein,
Im warmen Neste träumen.
Flugs kommt denn auch dahergerennt,
Schon früh im Morgentaue,
Mit seinem alten Instrument
Der Musikant, der graue.
Im Juni, wie er das gewohnt,
Besucht er einen Garten,
Um der Signora, die da thront,
Mit Tönen aufzuwarten.
Er räuspert sich, er macht sich lang,
Er singt und streicht die Fiedel,
Er singt, was er schon öfter sang;
Du kennst das alte Liedel.
Und wenn du gut geschlafen hast
Und lächelst hold hernieder,
Dann kommt der Kerl, ich fürchte fast,
Zum nächsten Juni wieder.
Guter Rat
Theodor Fontane
An einem Sommermorgen
Da nimm den Wanderstab,
Es fallen deine Sorgen
Wie Nebel von dir ab.
Des Himmels heitere Bläue
Lacht dir ins Herz hinein,
Und schließt, wie Gottes Treue,
Mit seinem Dach dich ein.
Rings Blüten nur und Triebe
Und Halme von Segen schwer,
Dir ist, als zöge die Liebe
Des Weges nebenher.
So heimisch alles klinget
Als wie im Vaterhaus,
Und über die Lerchen schwinget
Die Seele sich hinaus.
Sommer
Gustav Falke
Ihr singt von schönen Frühlingstagen,
Von Blütenduft und Sonnenschein,
Ich will nichts nach dem Frühling fragen,
Nein Sommer, Sommer muß es sein.
Wo alles drängt und sich bereitet
Auf einen goldnen Erntetag,
Wo jede Frucht sich schwellt und weitet
Und schenkt, was Süßes in ihr lag.
Auch ich bin eine herbe, harte,
Bin eine Frucht, die langsam reift.
O Glut des Sommers, komm! Ich warte,
Daß mich dein heißer Atem streift.
Hochsommer
Richard von Volkmann
In schwüler Mittagsstunde
Lieg' ich am Bach ins Gras gestreckt;
Kein Laut in weiter Runde,
Der mich aus dämmerndem Traume weckt.
Leicht in den Lüften weben
Sommerfäden den silbernen Zwirn,
Halme und Gräser schweben
Über der Brust mir und über der Stirn.
Und Bienen und Schmetterlinge
Blaue Libellen umsummen mich leis:
Viel süßere, heimliche Dinge
Trag' ich im Herzen, die keiner weiß.
Buntschimmernde Liebesgedanken,
Lange verborgen in tiefer Gruft,
Sie heben die Flügel, die schwanken,
Und schwirren hinaus in den Sommerduft.
Ich seh' sie flattern und gaukeln
Um wehende Gräser im Sonnenstrahl,
Wie Elfen auf Blumen sich schaukeln,
Ein lustiges Völkchen allzumal.
Freut euch, ihr goldnen Dinger,
Die Lust wird rasch zu Ende sein,
Des Herzens dunkler Zwinger
Schließt bald euch alle wieder ein.
Sommer
Heinrich Heine
Der Schmetterling ist in die Rose verliebt,
Umflattert sie tausendmal,
Ihn selber aber, goldig zart,
Umflattert der liebende Sonnenstrahl.
Jedoch, in wen ist die Rose verliebt?
Das wüßt ich gar zu gern.
Ist es die singende Nachtigall?
Ist es der schweigende Abendstern?
Ich weiß nicht, in wen die Rose verliebt;
Ich aber lieb euch all':
Rose, Schmetterling, Sonnenstrahl,
Abendstern und Nachtigall.
Immerfort
Wilhelm Busch
Das Sonnenstäubchen fern im Raume,
Das Tröpfchen, das im Grase blinkt,
Das dürre Blättchen, das vom Baume
Im Hauch des Windes niedersinkt –
Ein jedes wirkt an seinem Örtchen
Still weiter, wie es muß und mag,
Ja, selbst ein leises Flüsterwörtchen
Klingt fort bis an den jüngsten Tag.
Berge
Christian Morgenstern
In die Berge sehnst du dich,
An das Meer, –
Und der Berg des Himmels
Mit seinen steilblauen Wänden:
Ragt er nicht ewig
Vor dir auf?
In die Berge sehnst du dich,
An das Meer, –
Und das Meer des Himmels
Mit seinem tiefblauen Spiegel:
Wogt es nicht ewig
Vor dir hin?
Wie ein Knabe
Träumst du von Bergen,
Träumst du von Meeren ..
So wirf den Nacken doch zurück
Und habe mehr denn Berg und Meer –
Hab' – Ewigkeit!
Immer wieder
Wilhelm Busch
Der Winter ging, der Sommer kam.
Er bringt aufs neue wieder
Den vielbeliebten Wunderkram
Der Blumen und der Lieder.
Wie das so wechselt Jahr um Jahr,
Betracht ich fast mit Sorgen.
Was lebte, starb, was ist, es war,
Und heute wird zu morgen.
Stets muß die Bildnerin Natur
Den alten Ton benützen
In Haus und Garten, Wald und Flur
Zu ihren neuen Skizzen.